DER NAME
IST BOND, JAMES BOND:
Mr. Bedi, wie war die Zusammenarbeit mit Roger Moore, Louis Jourdan und
John Glen?
KABIR BEDI: Es
ist eine große Ehre für einen Schauspieler, Teil eines Bondfilms zu
sein. Und jeder Schauspieler, der in einem James Bond-Film eine noch so
kleine Rolle spielt, ist für Bond-Fans auf der ganzen Welt von großem
Interesse. Mit einem Bond wie Roger Moore und einem Schauspieler wie dem
großen Kamal Khan (Louis Jourdan) spielen zu dürfen sowie die Arbeit mit
Exzentrikern wie John Glen waren wirklich wundervoll, weil es sich bei
ihnen um Superprofis handelt und neben ihnen zu arbeiten bedeutet, dass
man in Bestform sein muss. Wie Sie wissen, hatte meine Rolle in
OCTOPUSSY nicht viel Dialog, aber ich musste die Bedrohung, die von
dieser Figur ausging, durch Präsenz, durch die Augen, durch die
Körpersprache vermitteln, und deshalb war es für mich als Schauspieler
eine Herausforderung, dies umzusetzen. Ich konnte es mir nicht erlauben,
auch nur einen einzigen Moment unaufmerksam zu sein.Wissen Sie, ich
hatte Michael Wilson vorgeschlagen: „Du gehst nach Indien, du hast
Gobinda, warum gibst du ihm nicht ein paar Kräfte der Hypnose oder eine
Kraft, mit der er Menschen dazu bewegen kann, etwas Bestimmtes zu tun?“
Und er sagte „Wir versuchen hier alles etwas realistischer zu halten.“
Ich lachte etwas in mich selbst hinein, weil gerade Bondfilme es sich
leisten können, sich realistischere Freiheiten zu erlauben, aber er
wollte keine verrückten Sachen innerhalb der Geschichte. Ich denke, er
hatte Recht, weil OCTOPUSSY ein sehr erfolgreicher Film wurde und ich
sowohl Barbara Broccoli als auch Michael Wilson als zwei der größten
Kräfte hinter dem Erfolg der Bondfilme betrachte. Die Entscheidung, mich
zusammen mit John Glen für diesen Film auszuwählen, war ein ganz
besonderer Moment in meiner Karriere. Es gibt Rollen, die ich
tiefgreifender gespielt habe, oder Rollen, die emotionaler sind, aber
allein die Ehre, in einem Bond-Film mitzuwirken, hat mich in eine ganz
andere Liga katapultiert.
DER NAME IST BOND,
JAMES BOND:
Wie sind Sie an die Rolle in OCTOPUSSY gekommen? Hatten Sie ein Casting?
KABIR BEDI:
Ich wurde gebeten, John Glen in Los Angeles in den Studios der damaligen
MGM / UA zu treffen. Wir hatten dieses sehr gute Treffen und man
beschloss, dass ich diese Rolle spielen soll. Das Problem war, weil der
Film in England gedreht werden musste, sagten die englischen
Gewerkschaften: „Warum nehmt ihr keinen britisch-asiatischen
Schauspieler aus England?“ Und so mussten viele britisch-asiatische
Schauspieler für ein Casting vorsprechen und danach musste schriftlich
erklärt werden, warum ausgerechnet ich für diese Rolle besser geeignet
war als alle anderen. Es war also ein Problem, die Erlaubnis der
Gewerkschaften zu bekommen, mich zu besetzen. Aber wegen der
Entschlossenheit der Produzenten, mich zu besetzen, bekam ich die Rolle
trotzdem.
DER NAME IST BOND,
JAMES BOND:
Wie viele Drehtage hatten Sie und an welchen Orten?
KABIR BEDI: Nun, wir haben in London in den Pinewood Studios
gedreht, wo wir viele der Innenszenen, aber auch einige der
Außenaufnahmen der Straßen und die Szenen mit dem fliegenden Roller (Tuk-Tuk)
sowie dem fliegenden Auto gemacht haben, was tatsächlich fast alles in
Pinewood gedreht wurde. Wir haben auf dem Bahnhofsgelände von
Peterborough in England gedreht, wo ich auf dem Zug gegen Roger Moore
gekämpft habe. Und dann haben wir natürlich in Indien im Lake Palace
gedreht. An den Aufnahmen für den letzten Kampf, den ich mit Roger Moore
auf dem Dach des Flugzeugs geführt habe, waren vier Länder beteiligt.
In Indien springt Roger Moore bzw. sein Stuntman auf das Heck des
Flugzeugs. England war dabei, weil wir in den Pinewood Studios den Kampf
gefilmt haben.
Deutschland war beteiligt, weil die Rückprojektionen, die im Hintergrund
während des Kampfes zu sehen sind, aus Deutschland kamen. Die letzte
Szene, in der ich vom Flugzeug stürze, wurde mit einem
Fallschirmspringer in Amerika gedreht.
Anmerkung der
Redaktion: Für fünf Minuten.
Das ist der Aufwand, den die Crew betreiben musste, um die Szene richtig
hinzubekommen.
|
Roland Walter mit Kabir Bedi. |
DER NAME IST BOND, JAMES BOND: Sie gehören jetzt zur Bondfamilie.
Wie wurden Sie aufgenommen?
Haben Sie noch Kontakt zu Mrs. Broccoli oder Mr. Wilson?
KABIR BEDI: Gelegentlich traf ich Barbara Broccoli in London oder
in LA, aber es gibt keinen aktiven Kontakt. Ich wünschte, ich wäre mehr
in Kontakt geblieben.
Aber wissen Sie... Es ist so... Wir sitzen hier in Wolfsburg mit dem
Volkswagenwerk hinter uns, wo am Fließband Autos produziert werden. In
gleicher Weise ist es eine Art von Fließbandproduktion von Bondfilmen,
die alle zwei oder drei Jahre stattfindet, wenn es einen neuen Bondfilm
gibt. Und so haben sie es immer gemacht. Wenn Sie sich also der
Bond-Familie anschließen, gibt es keinen Grund, Champagnerkorken knallen
zu lassen und zu sagen: „Willkommen! Willkommen!“ Sie werden einfach
freundlich aufgenommen und bleiben Teil dieser Familie. Ich habe es
immer als großes Privileg empfunden, ein Mitglied dieser besonderen
Familie zu sein. Viele Leute fragten mich: „Warum machst du den Bond,
wenn du sonst den Hauptdarsteller in Filmen spielst? Du bist als Held
etabliert und kramst jetzt den Bösewicht wieder raus? “ Ich antworte
darauf immer mit: „Nein! In einem Bond-Film mitzumachen, ist ein
besonderes Privileg, und abgesehen von diesem Privileg erweitert es
deine Fangemeinde um den Faktor drei.“ Mindestens!
Vergessen Sie nicht, dass ich SANDOKAN gedreht habe, das in ganz Europa
und Südamerika sehr beliebt ist. Das ist also ein anderes Universum von
Fans und man darf nicht vergessen, dass ich auch in THE BOLD AND THE
BEAUTIFUL („Reich & Schön“) dabei war, das zur Primetime in
einhundertundvierzig Ländern gezeigt und von einer Milliarde Menschen
gesehen wird. Und so dehnt sich der Anteil von Fans weiter aus und die
Bondfilme sind halt irgendwie universell. In jedem Land der Welt gibt es
Bondfans, es gibt Bondclubs, es gibt Symposien, es gibt Treffen, es gibt
Conventions. So wird man Teil einer ganz besonderen Kultur, der
Bond-Kultur. Und ich bin froh, ein Teil davon zu sein.
DER NAME IST BOND,
JAMES BOND:
Werden Sie außerhalb Indiens auf Ihre Rollen in SANDOKAN und OCTOPUSSY
beschränkt?
KABIR BEDI:
Sie müssen wissen, dass im Fall von SANDOKAN drei Länder maßgeblich zur
Verwirklichung dieser Serie beigetragen haben. Diese waren Italien,
Frankreich und Deutschland. Ein Deutscher war der Koproduzent ebenfalls
war Hans Caninenberg, ein deutscher Schauspieler, dabei. Und nach dem
Erfolg von SANDOKAN bin ich dann im Grunde genommen nach Amerika
gezogen. Ich hatte also eine Karriere auf drei Kontinenten. In Asien
ebenfalls durch Bollywood sowie in Europa und in Amerika. Das Problem
mit einer Karriere auf drei Kontinenten ist jedoch: „Wo lässt man sich
nieder?“, Denn wenn du in Europa bleibt, vergisst dich Amerika. Wenn du
in Amerika bleibst, vergessen dich Indien und Europa. Ich musste bewusst
entscheiden, mit welchen Ländern ich aktiv in Kontakt blieb und die
Ländern, mit denen ich aktiv in Kontakt blieb, waren Amerika, Italien
und Indien. Mein Kontakt zu Italien ist weiterhin sehr stark. In
Deutschland kennt mich eine ältere Generation, in Spanien kennt mich
eine ältere Generation, in vielen Ländern des Commonwealth kennt mich
eine ältere Generation, aber in Italien kennt mich jeder, von der
Großmutter bis zu den Enkeln, weil ich die Beziehung zu diesem Land am
Leben erhalten habe. Und das nicht nur wegen SANDOKAN, ich habe viele
Filme in Italien gemacht und viele, viele Serien
(An dieser Stelle
sei seitens der Redaktion neben SANDOKAN ebenfalls der Film DER SCHWARZE
KORSAR empfohlen).
Ich habe dort immer
wieder Filme gedreht und in den letzten dreißig Jahren mit den
Italienern in Film und Fernsehen gearbeitet, was dazu geführt hat, dass
sie mich zum Ritter geschlagen haben. Ich bin ein Ritter („Cavaliere“)
der Italienischen Republik. Sie würdigten meine Arbeit und es war wohl
auch der Tatsache geschuldet, dass ich für Italien in Indien und für
Indien in Italien geworben habe. Die Anerkennung dieses Landes wurde
also durch meine Wahl des Arbeitsplatzes am Leben erhalten. Es tut mir
leid, dass ich dies in Deutschland nicht so lebendig halten konnte,
obwohl die Leute mich aus den Filmen kennen, die ich gemacht habe, aber
es ist nicht so, dass ich Deutschland regelmäßig besucht und meine Filme
hier beworben hätte. Das heißt aber nicht, dass ich jetzt nicht noch
damit anfangen könnte.
|
|
Daniel Kuhl mit
Kabir Bedi. |
Volker Möbus mit
Kabir Bedi. |
DER NAME IST BOND,
JAMES BOND:
Haben Sie eine lustige Anekdote zu erzählen, die während der
Dreharbeiten zu OCTOPUSSY geschehen ist?
KABIR BEDI: Nun, Sie wissen, dass Roger Moorer ein echter Gentleman
und eine sehr zurückhaltende Art von Person war. Er war nicht die Art
von Mensch, die sich hinsetzte und mit dir plauderte usw. Als wir die
Szenen im Lake Palace in Udaipur, dem Octopussy-Palast, drehten, lebten
wir alle in einem Hotel mit Blick auf das Lake Palace Hotel. Es war ein
wunderschöner Ort namens Shiv Niwas. Es gab dort acht Suiten und einen
Swimmingpool und wir waren alle dort untergebracht. Ich lernte Roger in
dieser Zeit ziemlich gut kennen. Während unseres Aufenthalts war er mit
seiner früheren italienischen Frau Louisa dort und ich wurde von meiner
indischen Ex-Frau besucht. Wir hatten so viel Spaß und eine gute Zeit
zusammen, meine Ex-Frau und Ich, dass Louisa zu Roger sagte:
„Wenn sich Ehemänner so gut mit ihren Ex-Frauen verstehen, werde ich
dich niemals deine Ex-Frau sehen lassen!“
DER NAME IST BOND,
JAMES BOND:
Mögen Sie die James Bond Filme? Haben Sie einen persönlichen Favoriten
innerhalb der Reihe?
KABIR BEDI:
Nun, ich mag die James Bond Filme. Ich bin mit den James Bond Filmen
aufgewachsen. Ich meine, Sie sprechen hier über meine Generation. 1963!
Das ist meine Generation. Meine Generation begann mit den James Bond
Filmen. Er war einer meiner ersten Superhelden, wenn Sie diesen Ausdruck
gestatten. Ich freue mich immer auf einen neuen James Bond Film. Aber
wenn ich heute gebeten werde, meinen Lieblingsfilm von James Bond
auszuwählen, muss die Antwort einfach Daniel Craigs CASINO ROYALE
lauten. Ich denke, dass der Film eine gewisse Gefühls- und
Handlungstiefe hat und am Ende eine wundervolle Wendung, wegen der James
Bond aufgrund des Opfers dieser Frau weiterleben durfte. Das fand ich
extrem beeindruckend. Der Film ist sehr gut gefilmt und geschnitten und
insgesamt wirklich sehr schön gemacht. Und wenn ich an alte
James-Bond-Filme denke, muss ich sofort zu DOCTOR NO zurückkehren, weil
dieser Film damals den größten Einfluss auf mich hatte. Also muss ich
wohl den Einfluss zählen obwohl der Film aus heutiger Sichtweise
vielleicht etwas langsam wirkt, gemessen am Einfluss ist er heute jedoch
immer noch enorm.
Meine Antwort lautet also DOCTOR NO und CASINO ROYALE.
DER NAME IST BOND,
JAMES BOND:
Wo Sie gerade die älteren Bondfilme erwähnen. Einige Leute sagen, dass
Ihre Rolle als Gobinda der Rolle von Harold Sakata in GOLDFINGER (Oddjob)
ähneln würde. Hat Sie das beeinflusst oder ist es Zufall?
KABIR BEDI:
Nein, ich habe es nicht als Teil einer anderen Rolle oder Figur gesehen.
Meine Figur musste auf eine ganz besondere Weise gespielt werden.
Ich hätte es in der unterwürfigen Art von Handlanger machen können, aber
ich entschied mich dagegen. Ich spielte Gobinda stark und mit Würde, mit
einer minimalen Anzahl von Wörtern und ließ seine Taten für sich selbst
sprechen. Nein, ich glaube nicht, dass mich irgendein anderer Charakter
oder eine andere Rolle bei der Erschaffung von Gobinda beeinflusst hat.
|
|
Harold Sakata
als Oddjob in Goldfinger |
Kabir Bedi als
Gobinda in Octopussy. |
DER NAME IST BOND,
JAMES BOND:
Wie viel Fanpost bekommen Sie wegen Ihrer Rolle im 007-Film?
KABIR BEDI:
Wie viel Post bekomme ich von den 007-Leuten? Na ja, anfangs viel.
Es ist auch heute noch unmöglich, alle Anfragen zu beantworten, denn
wenn ich sie alle beantworten würde, würde es mich mehr kosten als mein
Gehalt aus dem Bond-Film, aber denjenigen, die im Laufe der Jahre
hartnäckig geblieben sind, sende ich jetzt Bilder. Weil ich gelernt
habe, zwischen wilkürlichen Anfragen nach Bildern oder „Sende mir
einfach ein Foto!“ und denen zu unterscheiden, die es ernst meinen mit
dem Sammeln und ich respektiere den seriösen Sammler. Ich versuche,
diese Wünsche so weit wie möglich zu erfüllen. Diese Anfragen kommen in
Wellen, weil ich plötzlich, wenn OCTOPUSSY zur Hauptsendezeit in
Deutschland gezeigt wurde, eine ganze Flut von Briefen aus Deutschland
erhalte. Wenn er in Island gezeigt wurde, bekomme ich viele Briefe aus
Island. Es kommt also darauf an, wo der Film unter welchen Umständen
gezeigt wird, aber ich bin froh, dass sich die Bond-Filmfans noch an
mich erinnern und ebenfalls sehr froh, dass sie sich noch an OCTOPUSSY
erinnern, ein Film, der mir sehr viel bedeutet.
DER NAME IST BOND,
JAMES BOND: Wir bedanken uns recht herzlich bei Herrn Bedi für das
schöne Interview und das wir es hier online stellen durften.
BESONDERER DANK
GILT HERRN Dr. MICHAEL FLINTROP,
DER DIESES INTERVIEW IM RAHMEN DES CINEWAYS FILMFESTIVAL
2019
IN WOLFSBURG ERMÖGLICHT HAT
UND AN ROLAND WALTER FÜR DIE ÜBERSETZUNG. |
|