EXKLUSIV INTERVIEW MIT KABIR BEDI.

 

Kabir Bedi am 24.08.2019 in Wolfsburg

 

Am 24.08.2019 haben wir auf dem Cineways Filmfestival Kabir Bedi zu einem Interview getroffen.
Kabir Bedi hat in OCTOPUSSY Gobinda gespielt.

Der Veranstalter, Herr Dr. Michael Flintrop hat dieses Treffen ermöglicht.
Anwesend waren Klaus Gericke, Roland Walter, Volker Möbus und Daniel Kuhl.

 
 
DER NAME IST BOND, JAMES BOND: Mr. Bedi, wie war die Zusammenarbeit mit Roger Moore, Louis Jourdan und John Glen?
KABIR BEDI: Es ist eine große Ehre für einen Schauspieler, Teil eines Bondfilms zu sein. Und jeder Schauspieler, der in einem James Bond-Film eine noch so kleine Rolle spielt, ist für Bond-Fans auf der ganzen Welt von großem Interesse. Mit einem Bond wie Roger Moore und einem Schauspieler wie dem großen Kamal Khan (Louis Jourdan) spielen zu dürfen sowie die Arbeit mit Exzentrikern wie John Glen waren wirklich wundervoll, weil es sich bei ihnen um Superprofis handelt und neben ihnen zu arbeiten bedeutet, dass man in Bestform sein muss. Wie Sie wissen, hatte meine Rolle in OCTOPUSSY nicht viel Dialog, aber ich musste die Bedrohung, die von dieser Figur ausging, durch Präsenz, durch die Augen, durch die Körpersprache vermitteln, und deshalb war es für mich als Schauspieler eine Herausforderung, dies umzusetzen. Ich konnte es mir nicht erlauben, auch nur einen einzigen Moment unaufmerksam zu sein.Wissen Sie, ich hatte Michael Wilson vorgeschlagen: „Du gehst nach Indien, du hast Gobinda, warum gibst du ihm nicht ein paar Kräfte der Hypnose oder eine Kraft, mit der er Menschen dazu bewegen kann, etwas Bestimmtes zu tun?“ Und er sagte „Wir versuchen hier alles etwas realistischer zu halten.“ Ich lachte etwas in mich selbst hinein, weil gerade Bondfilme es sich leisten können, sich realistischere Freiheiten zu erlauben, aber er wollte keine verrückten Sachen innerhalb der Geschichte. Ich denke, er hatte Recht, weil OCTOPUSSY ein sehr erfolgreicher Film wurde und ich sowohl Barbara Broccoli als auch Michael Wilson als zwei der größten Kräfte hinter dem Erfolg der Bondfilme betrachte. Die Entscheidung, mich zusammen mit John Glen für diesen Film auszuwählen, war ein ganz besonderer Moment in meiner Karriere. Es gibt Rollen, die ich tiefgreifender gespielt habe, oder Rollen, die emotionaler sind, aber allein die Ehre, in einem Bond-Film mitzuwirken, hat mich in eine ganz andere Liga katapultiert.
DER NAME IST BOND, JAMES BOND: Wie sind Sie an die Rolle in OCTOPUSSY gekommen? Hatten Sie ein Casting?
KABIR BEDI: Ich wurde gebeten, John Glen in Los Angeles in den Studios der damaligen MGM / UA zu treffen. Wir hatten dieses sehr gute Treffen und man beschloss, dass ich diese Rolle spielen soll. Das Problem war, weil der Film in England gedreht werden musste, sagten die englischen Gewerkschaften: „Warum nehmt ihr keinen britisch-asiatischen Schauspieler aus England?“ Und so mussten viele britisch-asiatische Schauspieler für ein Casting vorsprechen und danach musste schriftlich erklärt werden, warum ausgerechnet ich für diese Rolle besser geeignet war als alle anderen. Es war also ein Problem, die Erlaubnis der Gewerkschaften zu bekommen, mich zu besetzen. Aber wegen der Entschlossenheit der Produzenten, mich zu besetzen, bekam ich die Rolle trotzdem.
DER NAME IST BOND, JAMES BOND: Wie viele Drehtage hatten Sie und an welchen Orten?
KABIR BEDI: Nun, wir haben in London in den Pinewood Studios gedreht, wo wir viele der Innenszenen, aber auch einige der Außenaufnahmen der Straßen und die Szenen mit dem fliegenden Roller (Tuk-Tuk) sowie dem fliegenden Auto gemacht haben, was tatsächlich fast alles in Pinewood gedreht wurde. Wir haben auf dem Bahnhofsgelände von Peterborough in England gedreht, wo ich auf dem Zug gegen Roger Moore gekämpft habe. Und dann haben wir natürlich in Indien im Lake Palace gedreht. An den Aufnahmen für den letzten Kampf, den ich mit Roger Moore auf dem Dach des Flugzeugs geführt habe, waren vier Länder beteiligt.
In Indien springt Roger Moore bzw. sein Stuntman auf das Heck des Flugzeugs. England war dabei, weil wir in den Pinewood Studios den Kampf gefilmt haben.
Deutschland war beteiligt, weil die Rückprojektionen, die im Hintergrund während des Kampfes zu sehen sind, aus Deutschland kamen. Die letzte Szene, in der ich vom Flugzeug stürze, wurde mit einem Fallschirmspringer in Amerika gedreht.
Anmerkung der Redaktion: Für fünf Minuten.  Das ist der Aufwand, den die Crew betreiben musste, um die Szene richtig hinzubekommen.
 

Roland Walter mit Kabir Bedi.

DER NAME IST BOND, JAMES BOND: Sie gehören jetzt zur Bondfamilie. Wie wurden Sie aufgenommen?
Haben Sie noch Kontakt zu Mrs. Broccoli oder Mr. Wilson?

KABIR BEDI: Gelegentlich traf ich Barbara Broccoli in London oder in LA, aber es gibt keinen aktiven Kontakt. Ich wünschte, ich wäre mehr in Kontakt geblieben.
Aber wissen Sie... Es ist so... Wir sitzen hier in Wolfsburg mit dem Volkswagenwerk hinter uns, wo am Fließband Autos produziert werden. In gleicher Weise ist es eine Art von Fließbandproduktion von Bondfilmen, die alle zwei oder drei Jahre stattfindet, wenn es einen neuen Bondfilm gibt. Und so haben sie es immer gemacht. Wenn Sie sich also der Bond-Familie anschließen, gibt es keinen Grund, Champagnerkorken knallen zu lassen und zu sagen: „Willkommen! Willkommen!“ Sie werden einfach freundlich aufgenommen und bleiben Teil dieser Familie. Ich habe es immer als großes Privileg empfunden, ein Mitglied dieser besonderen Familie zu sein. Viele Leute fragten mich: „Warum machst du den Bond, wenn du sonst den Hauptdarsteller in Filmen spielst? Du bist als Held etabliert und kramst jetzt den Bösewicht wieder raus? “ Ich antworte darauf immer mit: „Nein! In einem Bond-Film mitzumachen, ist ein besonderes Privileg, und abgesehen von diesem Privileg erweitert es deine Fangemeinde um den Faktor drei.“ Mindestens!
Vergessen Sie nicht, dass ich SANDOKAN gedreht habe, das in ganz Europa und Südamerika sehr beliebt ist. Das ist also ein anderes Universum von Fans und man darf nicht vergessen, dass ich auch in THE BOLD AND THE BEAUTIFUL („Reich & Schön“) dabei war, das zur Primetime in einhundertundvierzig Ländern gezeigt und von einer Milliarde Menschen gesehen wird. Und so dehnt sich der Anteil von Fans weiter aus und die Bondfilme sind halt irgendwie universell. In jedem Land der Welt gibt es Bondfans, es gibt Bondclubs, es gibt Symposien, es gibt Treffen, es gibt Conventions. So wird man Teil einer ganz besonderen Kultur, der Bond-Kultur. Und ich bin froh, ein Teil davon zu sein.
DER NAME IST BOND, JAMES BOND: Werden Sie außerhalb Indiens auf Ihre Rollen in SANDOKAN und OCTOPUSSY beschränkt?
KABIR BEDI: Sie müssen wissen, dass im Fall von SANDOKAN drei Länder maßgeblich zur Verwirklichung dieser Serie beigetragen haben. Diese waren Italien, Frankreich und Deutschland. Ein Deutscher war der Koproduzent ebenfalls war Hans Caninenberg, ein deutscher Schauspieler, dabei. Und nach dem Erfolg von SANDOKAN bin ich dann im Grunde genommen nach Amerika gezogen. Ich hatte also eine Karriere auf drei Kontinenten. In Asien ebenfalls durch Bollywood sowie in Europa und in Amerika. Das Problem mit einer Karriere auf drei Kontinenten ist jedoch: „Wo lässt man sich nieder?“, Denn wenn du in Europa bleibt, vergisst dich Amerika. Wenn du in Amerika bleibst, vergessen dich Indien und Europa. Ich musste bewusst entscheiden, mit welchen Ländern ich aktiv in Kontakt blieb und die Ländern, mit denen ich aktiv in Kontakt blieb, waren Amerika, Italien und Indien. Mein Kontakt zu Italien ist weiterhin sehr stark. In Deutschland kennt mich eine ältere Generation, in Spanien kennt mich eine ältere Generation, in vielen Ländern des Commonwealth kennt mich eine ältere Generation, aber in Italien kennt mich jeder, von der Großmutter bis zu den Enkeln, weil ich die Beziehung zu diesem Land am Leben erhalten habe. Und das nicht nur wegen SANDOKAN, ich habe viele Filme in Italien gemacht und viele, viele Serien (An dieser Stelle sei seitens der Redaktion neben SANDOKAN ebenfalls der Film DER SCHWARZE KORSAR empfohlen). Ich habe dort immer wieder Filme gedreht und in den letzten dreißig Jahren mit den Italienern in Film und Fernsehen gearbeitet, was dazu geführt hat, dass sie mich zum Ritter geschlagen haben. Ich bin ein Ritter („Cavaliere“) der Italienischen Republik. Sie würdigten meine Arbeit und es war wohl auch der Tatsache geschuldet, dass ich für Italien in Indien und für Indien in Italien geworben habe. Die Anerkennung dieses Landes wurde also durch meine Wahl des Arbeitsplatzes am Leben erhalten. Es tut mir leid, dass ich dies in Deutschland nicht so lebendig halten konnte, obwohl die Leute mich aus den Filmen kennen, die ich gemacht habe, aber es ist nicht so, dass ich Deutschland regelmäßig besucht und meine Filme hier beworben hätte. Das heißt aber nicht, dass ich jetzt nicht noch damit anfangen könnte.

Daniel Kuhl mit Kabir Bedi. Volker Möbus mit Kabir Bedi.

DER NAME IST BOND, JAMES BOND: Haben Sie eine lustige Anekdote zu erzählen, die während der Dreharbeiten zu OCTOPUSSY geschehen ist?
KABIR BEDI:
Nun, Sie wissen, dass Roger Moorer ein echter Gentleman und eine sehr zurückhaltende Art von Person war. Er war nicht die Art von Mensch, die sich hinsetzte und mit dir plauderte usw. Als wir die Szenen im Lake Palace in Udaipur, dem Octopussy-Palast, drehten, lebten wir alle in einem Hotel mit Blick auf das Lake Palace Hotel. Es war ein wunderschöner Ort namens Shiv Niwas. Es gab dort acht Suiten und einen Swimmingpool und wir waren alle dort untergebracht. Ich lernte Roger in dieser Zeit ziemlich gut kennen. Während unseres Aufenthalts war er mit seiner früheren italienischen Frau Louisa dort und ich wurde von meiner indischen Ex-Frau besucht. Wir hatten so viel Spaß und eine gute Zeit zusammen, meine Ex-Frau und Ich, dass Louisa zu Roger sagte:
„Wenn sich Ehemänner so gut mit ihren Ex-Frauen verstehen, werde ich dich niemals deine Ex-Frau sehen lassen!“
DER NAME IST BOND, JAMES BOND: Mögen Sie die James Bond Filme? Haben Sie einen persönlichen Favoriten innerhalb der Reihe?
KABIR BEDI: Nun, ich mag die James Bond Filme. Ich bin mit den James Bond Filmen aufgewachsen. Ich meine, Sie sprechen hier über meine Generation. 1963! Das ist meine Generation. Meine Generation begann mit den James Bond Filmen. Er war einer meiner ersten Superhelden, wenn Sie diesen Ausdruck gestatten. Ich freue mich immer auf einen neuen James Bond Film. Aber wenn ich heute gebeten werde, meinen Lieblingsfilm von James Bond auszuwählen, muss die Antwort einfach Daniel Craigs CASINO ROYALE lauten. Ich denke, dass der Film eine gewisse Gefühls- und Handlungstiefe hat und am Ende eine wundervolle Wendung, wegen der James Bond aufgrund des Opfers dieser Frau weiterleben durfte. Das fand ich extrem beeindruckend. Der Film ist sehr gut gefilmt und geschnitten und insgesamt wirklich sehr schön gemacht. Und wenn ich an alte James-Bond-Filme denke, muss ich sofort zu DOCTOR NO zurückkehren, weil dieser Film damals den größten Einfluss auf mich hatte. Also muss ich wohl den Einfluss zählen obwohl der Film aus heutiger Sichtweise vielleicht etwas langsam wirkt, gemessen am Einfluss ist er heute jedoch immer noch enorm.
Meine Antwort lautet also DOCTOR NO und CASINO ROYALE.
DER NAME IST BOND, JAMES BOND: Wo Sie gerade die älteren Bondfilme erwähnen. Einige Leute sagen, dass Ihre Rolle als Gobinda der Rolle von Harold Sakata in GOLDFINGER (Oddjob) ähneln würde. Hat Sie das beeinflusst oder ist es Zufall?
KABIR BEDI: Nein, ich habe es nicht als Teil einer anderen Rolle oder Figur gesehen. Meine Figur musste auf eine ganz besondere Weise gespielt werden.
Ich hätte es in der unterwürfigen Art von Handlanger machen können, aber ich entschied mich dagegen. Ich spielte Gobinda stark und mit Würde, mit einer minimalen Anzahl von Wörtern und ließ seine Taten für sich selbst sprechen. Nein, ich glaube nicht, dass mich irgendein anderer Charakter oder eine andere Rolle bei der Erschaffung von Gobinda beeinflusst hat.

Harold Sakata als Oddjob in Goldfinger Kabir Bedi als Gobinda in Octopussy.

DER NAME IST BOND, JAMES BOND: Wie viel Fanpost bekommen Sie wegen Ihrer Rolle im 007-Film?
KABIR BEDI: Wie viel Post bekomme ich von den 007-Leuten? Na ja, anfangs viel. Es ist auch heute noch unmöglich, alle Anfragen zu beantworten, denn wenn ich sie alle beantworten würde, würde es mich mehr kosten als mein Gehalt aus dem Bond-Film, aber denjenigen, die im Laufe der Jahre hartnäckig geblieben sind, sende ich jetzt Bilder. Weil ich gelernt habe, zwischen wilkürlichen Anfragen nach Bildern oder „Sende mir einfach ein Foto!“ und denen zu unterscheiden, die es ernst meinen mit dem Sammeln und ich respektiere den seriösen Sammler. Ich versuche, diese Wünsche so weit wie möglich zu erfüllen. Diese Anfragen kommen in Wellen, weil ich plötzlich, wenn OCTOPUSSY zur Hauptsendezeit in Deutschland gezeigt wurde, eine ganze Flut von Briefen aus Deutschland erhalte. Wenn er in Island gezeigt wurde, bekomme ich viele Briefe aus Island. Es kommt also darauf an, wo der Film unter welchen Umständen gezeigt wird, aber ich bin froh, dass sich die Bond-Filmfans noch an mich erinnern und ebenfalls sehr froh, dass sie sich noch an OCTOPUSSY erinnern, ein Film, der mir sehr viel bedeutet.
DER NAME IST BOND, JAMES BOND: Wir bedanken uns recht herzlich bei Herrn Bedi für das schöne Interview und das wir es hier online stellen durften.

BESONDERER DANK GILT HERRN Dr. MICHAEL FLINTROP,
DER DIESES INTERVIEW IM RAHMEN DES CINEWAYS FILMFESTIVAL 2019 IN WOLFSBURG ERMÖGLICHT HAT
UND AN ROLAND WALTER FÜR DIE ÜBERSETZUNG.

 

Pressefoto signiert von Kabir Bedi.

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